Wow, das war dieses Jahr mal wieder wild. Die re:publica 2025 in Berlin hat gezeigt, wie nah Krise und Hoffnung beieinander liegen können – und wie wichtig es ist, beide Seiten offen anzusprechen. Wir (Jörn, die 2 Patricks, Michi und Tobi) haben diese Kontraste intensiv erlebt und mit nach Hause genommen. Sie haben uns beschäftigt, einige von uns auch noch Tage danach. Hier kommt ein kleiner Überblick unterschiedlicher Themen der diesjährigen re:publica, inhaltlich sortiert, aber nicht unbedingt nach Bedeutung gewichtet.
Johan Rockström
Trotzdem starten wir mit einem Knaller. Uns machte der Vortrag von Johan Rockström, einer der weltweit führenden Klimaforscher, (leider) ziemlich Angst. Wie Jörn in seinem LinkedIn-Beitrag zeigte, ging es bei Rockström schon 2019 auf der re:publica um die planetaren Grenzen. Sechs Jahre später war der Ton noch alarmierender. Rockström sprach nicht mehr von notwendigen Transformationen, sondern von einer akuten Krise: „1,5 °C sind keine Zielmarke – sie sind eine Grenze“. Gehen wir darüber hinaus, riskieren wir viel. Diese Dringlichkeit lässt keinen Raum für Missverständnisse. Und trotz aller Dramatik betonte er, dass es noch nicht zu spät sei – vorausgesetzt, wir handeln.
Johan Rockström
Johan Rockström
Gerade bei der Frage des Handelns zeigte sich auf der Konferenz, wie komplex und tiefgreifend die Herausforderungen sind. Nicht nur für jeden einzelnen Menschen, sondern auch für die Medienschaffenden – also diejenigen, die den Diskurs mitbestimmen. Ellen Heinrichs erinnerte in ihrem Vortrag „re:think journalism“ daran, wie entscheidend es für Medien ist, zuzuhören, Hoffnung zu geben und Lösungen aufzuzeigen. Die Zeiten der festen Zeitung-Abos, die man sich morgendlich aus dem Briefkasten fischt, sind seit mindestens 10 Jahren vorbei. Medien müssen verstehen, was Menschen brauchen, um relevant zu bleiben. Heinrichs fordert von Journalist:innen, nicht einfach „zu sagen, was ist“, sondern viel mehr „zu hören, was ist“. Nur wer zuhört, erreicht Menschen – besonders in Zeiten, in denen KI-basierte Inhalte allgegenwärtig werden.
Ellen Heinrichs
Dieser Gedanke schloss sich nahtlos an den Vortrag von Bart Brandsma zur Polarisierung in der Gesellschaft an. Das Ganze hieß „Us versus them: what to do when polarisation strikes?“ und zeigte: Polarisierung ist gefährlich, weil sie nicht lösungsorientiert, sondern identitätsorientiert ist. Brandsma stellte heraus, dass es gerade jene sind, die Polarisierung abbauen wollen – Journalisten, Politiker, Mediatoren –, die sie oft unabsichtlich verstärken. Der Schlüssel zur Depolarisierung liegt in der Stärkung der stillen Mitte, in echtem Zuhören ohne vorschnelle Lösungen, und in Leadership, das aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Storytelling, das ruhige und kluge Narrative anbietet, kann dabei ein entscheidender Hebel sein.
Polarisierung gibt’s natürlich auch in der deutschen Politik. Luisa Neubauer reflektierte kritisch, wie die Klimabewegung in eine bestimmte Ecke gestellt wurde. Ursprünglich ein breites Bündnis für Sichtbarkeit und Dringlichkeit, wurde die Bewegung zunehmend in Schubladen verortet. Was als irgendwie logisches Ziel begann (Aussterben verhindern) wurde Teil „ dieser Grünen“. Diese unnötige Politisierung, so Neubauer, dient letztlich nur den Profiteuren des fossilen Wahns. Sie mahnte, die Bewegung müsse wieder für alle offen werden – Klimaschutz darf kein parteipolitisches Label tragen.
Saba-Nur Cheema, Markus Beckedahl, Astrid Deilmann, Luisa Neubauer und Paulina Fröhlich
Die Verbindung von Technologie und populistischen Bewegungen stellt eine Gefahr für die digitale Demokratie dar. Um viel Gegenwartspolitik ging es im Vortrag zu amerikanischen ethno-nationalistischen Bewegungen. Annika Brockschmidt gab eine erschreckende Zusammenschau der Gedanken und Visionen von Steve Bannon und Madison Cawthorn. Wer die Leute um Trump allesamt für planlose Clowns hält, hat nicht erkannt, welche Ideologien und Strukturen sich hinter ihnen verbergen. Uns hat das überraschend – und schockierend – oft an die NS-Zeit erinnert, inklusive Eugenik und Rassenwahn. Es macht Angst, wohin „die neue Welt“ da abdriftet.
Technologie war nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance präsent. Der leicht Jetlag-geplagte Björn Ommer hat die diesjährige Open Keynote gehalten und sprach darin über die Macht der generativen KI und deren Potenzial zur Demokratisierung von Wissen. Wer bei dieser kritischen Technologie nicht mitgestaltet, überlässt anderen die Kontrolle. In der aktuellen geopolitischen Situation (Trump vs. Europa) ist das nicht mehr eine technologische, sondern eine Machtfrage. Souveränität in KI-Zeiten bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, mutig zu sein und innovativ zu denken. Ommer unterstrich, dass Europa und Deutschland eigene Wege gehen müssen, um digitale Souveränität zu sichern.
Björn Ommer
Hohe Besuche: Nicht nur Friedrich Merz ließ sich dieses Jahr auf der re:publica blicken (Michis spontane Bitte um ein Gespräch unter vier Augen ist er enttäuschenderweise nicht nachgekommen), sondern auch des Kanzlers neuer Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung war am Start. Karsten Wildbergers Vortrag kreiste um viele Versprechen, die wir so, oder so ähnlich, viel zu oft schon gehört haben: Deutschland plane einen starken Fokus auf Digitalisierung, Open Source und europäische Cloudlösungen, digitale Identitäten und einen eigenen Deutschland-Stack. „Digitale Souveränität für Deutschland und Europa“ sei dabei das erklärte Ziel, so der Ex-Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding.
Karsten Wildberger
Markus Beckedahl hatte zum Thema Digitalisierung Deutschlands einiges zu ergänzen. Klar, wir haben jetzt das erste dedizierte Digitalministerium Deutschlands, aber was heißt das schon? Sein Vortrag: Eine bessere digitale Welt ist trotz alledem möglich. Darin: Das Gerangel zwischen deutschen Ministerien um die Zukunft, was die Tech-Oligarchen für unser Land bedeuten und einige Gedanken zu Risiken und Nebenwirkungen des Deutschland-Stacks. Big-Tech-Unternehmen gewinnen Einfluss auf Politik und Gesellschaft, aber wir können trotzdem das Narrativ bestimmen. Beckedahl sieht das von ihm gegründete Zentrum für Digitalrechte und Demokratie als Brücke zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft und als wichtigen Akteur, um die Erzählmacht im digitalen Raum wieder stärker in demokratische Hände zu legen.
Markus Beckedahl
Markus Beckedahl
Nicht zuletzt wurde auf der re:publica auch über zukünftige gesellschaftliche Veränderungen gesprochen, etwa in der Session Hilfe, wir werden dümmer! von André Frank Zimpel. Hier ging es um die Chancen neurodivergenter Menschen in einer Welt, die zunehmend von KI geprägt ist. Neurotypisch ≠ normal; jetzt und in Zukunft noch mehr. Denn neurodivergente Menschen können wichtige Impulse liefern, da sie oft anders, häufig bildhaft denken. Logisch und rational… Dafür haben wir bereits die KI. Die Herausforderung liegt darin, gesellschaftliche Strukturen inklusiver zu gestalten – das ist, auch, ein Plädoyer für mehr Diversität in der Arbeitswelt.
André Frank Zimpel
Also – viel Inhalt, darum ein kurzes Fazit: Insgesamt bot die re:publica 2025 eine intensive Mischung aus Alarm und Optimismus, aus tiefer Reflexion und konkretem Handlungsdruck. Sie zeigte uns als Team erneut, dass unsere Aufgaben groß, aber machbar sind, wenn wir mutig bleiben, euch zuhören, inklusive Narrative fördern und vor allem konsequent handeln.
Auf der re:publica treffen sich jedes Jahr so viele Menschen, die alles, was sie haben, in die Waagschale für eine bessere Zukunft werfen. Engagement und politische Maßnahmen sind entscheidend, um eine bessere digitale Zukunft zu gestalten. Trotz aller Rückschläge bleibt die Vision einer gerechteren, demokratischeren Welt erreichbar, wenn der gesellschaftliche Einsatz nicht nachlässt.
Jörn, Tobi, Patrick, Patrick und Michi
Ende gut, alles gut?